Zu groß, um in die Jahre zu kommen

Zu groß, um in die Jahre zu kommen

Für Raging Bull transformierte er innerhalb der Drehzeit vom muskelbepackten Boxer zum übergewichtigen Bar-Besitzer Jake LaMotta und machte das Method Acting zum geflügelten Begriff. Er ging ohne Probleme als astreiner Mafia-Boss durch, überzeugte aber ebenso als aufrechter Feuerwehrmann und ehrlicher Bulle. Er war Luzifer, Frankensteins Monster, der letzte Hollywood-Tycoon, Vietnam-Veteran und Talkmaster. Er kann alles spielen und würde vermutlich sogar als Darsteller eines Tisches die meisten anderen Schauspieler an die Wand spielen. Eine Rolle hat er geprägt wie kein anderer: die des Gangsters. Wenige vor und nach ihm waren so bedrohlich und angreifbar, so überlegen und zerrüttet, so brutal und loyal wie er. Heute wird er 80 Jahre alt. Happy Birthday, Robert De Niro.

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Der Mann aus der Bronx ist keine aufpolierte Hollywood-Legende, er ist eine New Yorker Urgewalt. Die Straßen des Big Apple haben ihn geprägt und hier wurde er auch zum Weltstar. Zusammen mit Martin Scorsese, der ihn 1973 für „Hexenkessel“ besetzte, drehte er neun Filme, die in die Geschichte des Kinos eingingen, darunter „Wie ein wilder Stier“, „Good Fellas“, „Casino“ und natürlich der fantastische „Taxi Driver“. Robert De Niro ist unbestritten einer der besten Schauspieler aller Zeiten. Und einer der interessantesten: Kein glattgebügeltes Jüngelchen, kein aufgepumpter Muskelprotz, kein zarter Schönling, einfach ein unverwechselbarer Charakterkopf. Schon immer, für immer.

Robert De Niro hat meine Kino-Vorlieben geprägt

Als andere Mädchen meines Jahrgangs ihre Zimmerwände mit Postern von Tom Cruise, Rob Lowe oder Richard Gere tapezierten, sammelte ich Film-Erfahrung mit De Niro-Streifen. Ich ging in jeden Film, der mit ihm in die Kinos kam oder dort beim Sommer Film Festival wiederholt wurde. Meine Jugendfilme waren Scorsese-Klassiker, Werke wie „Die durch die Hölle gehen“, „Kap der Angst“ und „Zeit des Erwachens“ sowie Streifen wie „Stanley und Iris“, „Wir sind keine Engel“ oder „Backdraft“. Für „Angel Heart“ stylte ich mich auf älter, um mich als damals 16-Jährige in diesen bahnbrechenden Psycho-Thriller zu schmuggeln. Ich war und bin ein bekennender Fan – nicht so ein wahnsinniger wie ihn De Niro einst selbst verkörperte, aber doch ein begeisterter. Mit Robert De Niro bin ich cineastisch groß geworden, seine Filme haben meine Kino-Vorlieben geprägt.

Ich habe in „The Mission“ mit den südamerikanischen Ureinwohnern gelitten, an deren Seite er als Missionar gegen die spanischen Eroberer kämpfte, mich in Quentins Tarantinos „Jackie Brown“ königlich amüsiert, als er die geschwätzige Bridget Fonda über den Haufen schoss und ich stand die knappen vier Stunden durch, in denen Sergio Leone „Es war einmal in Amerika“ erzählte – zugegeben, das tat ich nur für oder besser wegen Bob. Viele seiner Filme habe ich mehrmals angeschaut und an einem kann ich mich bis heute nicht sattsehen: „Heat“, meiner Ansicht nach der beste Action-Film aller Zeiten. Die Optik des Filmes ist heute noch beeindruckend, die schauspielerischen Leistungen sowieso: Robert De Niro gegen Al Pacino – ein Filmduell, das zur Legende wurde.

Wie so vieles nach der Jahrtausendwende wurden auch die Filme schlechter, in denen mein großes Idol mitspielte. Trotzdem ist und bleibt er für mich eine überlebensgroße Figur in der Geschichte des Kinos. Are you looking at me? Fuck, yes, for now and forever. All the best to your birthday, Robert De Niro.  

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