Spannung auf Kleinstpartikel-Niveau

Spannung auf Kleinstpartikel-Niveau

Schweratmig schleppte sich Karin Hanczewski alias Kommissarin Karin Gorniak durch ihren Einsatz in Dresden – genauso wie die Handlung selbst durch den gestrigen Tatort. „Unsichtbar“ war eine Art Giftmord-Version der Moderne: Über den Kontakt mit der Haut gelangen sogenannte Nanobots in die Blutbahn, verändern die Zusammensetzung von Molekülen und lösen so bestimmte Körperreaktionen aus – in diesem Falle einen furchtbaren Schmerz, der schlussendlich zum Herzversagen führt. Das klingt spannend, war es aber nicht.

tatort

Das lag zum einen am schwachen Drehbuch mit Logik-Löchern, die sich leider nicht im Nano-Bereich bewegten. Autor Michael Comtesse wollte uns Zuschauern weiß machen, dass man als Forscherin in deutschen Laboren problemlos chemische Massenvernichtungswaffen entwickeln kann. Nicht einmal der leitende Professor hätte gemerkt, dass seine Mitarbeiterin außer an Schmerzmitteln ohne Nebenwirkungen auch noch an Schmerzverursachern mit tödlichen Nebenwirkungen arbeitet. Natürlich weiß niemand so genau, was sich hinter verschlossenen Labortüren abspielt. Aber die bürokratischen Hürden in Deutschland dürften doch hoch genug sein, um nicht unbemerkt an Biowaffen herumzupantschen. Zumindest hoffe ich das.

 

Dann war da noch Anna Maria Mühe als rachsüchtige Forscherin, die sich schon ihr ganzes Leben so unsichtbar fühlte wie es ihre Mordwaffen waren. Leider hat die Schauspielerin nicht das Talent ihres Vaters geerbt, mit der Subtilität seines Spiels die Vielschichtigkeit seiner Charaktere zu entschlüsseln. Die von seiner Tochter dargestellte Martha war so eindimensional wie ein plattes Klischee – was sicher nicht nur der Darstellerin zuzuschreiben ist. Der Autor gab sich kaum mit den Nöten seiner Figuren ab. Nicht einmal dem ausgezeichneten Georg-Elser-Darsteller Christian Friedel gelang es, seinen Nils Klotsche als Mensch mit vielen Facetten zu zeigen. Dafür blieb einfach keine Zeit zwischen den gesundheitlichen Aussetzern der omnipräsenten Kommissarin.

Das allzu pathetische Finale fand seinen Höhepunkt in einer Kitschsequenz wie aus einem zweitklassigen Horrorfilm.

Da auch Vorhersehbarkeit ein Feind der Spannung ist, hatte der Dresdner Tatort noch eine weitere Schwäche. Leider war viel zu früh klar, dass die Ärztin mit der Billigperücke potenzielle Rivalinnen aus dem Weg räumte. Das muss man nun dem durchschaubaren Spiel der Darstellerin anlasten, das in einem allzu pathetischen Finale mit der Kitschsequenz aus einem zweitklassigen Horrorfilm seinen kläglichen Höhepunkt fand.

 

Natürlich war nicht alles schlecht an diesem Tatort. Martin Brambach als Kommissariatsleiter Schnabel zum Beispiel. Aber selbst er konnte nicht zur Höchstform auflaufen, weil ihm das Drehbuch vorher den Stecker zog. Gut war zweifellos auch die Idee mit den unsichtbaren Killer-Bots, die durch die Blutbahn schwirren und unaufhaltsame Zerstörung anrichten. Allerdings zerplatzte die Vorstellung von einer gesellschaftlichen Bedrohung an der drögen Eifersuchtsgeschichte wie eine Seifenblase an einer Betonmauer. Insgesamt ein eher nanomäßig spannender Tatort-Abend. Zum Glück wissen wir, dass es die Dresdner viel besser können.

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